Kaiserbrunnen

Seit 1903 ist der Kaiserbrunnen im Kaiserstraßenviertel eine prominente Landmarke. Doch der Brunnen wurde ursprünglich gar nicht für diesen Platz gestaltet, er war nicht einmal für die Stadt Dortmund gedacht. Stattdessen schuf der Kölner Bildhauer Wilhelm Fassbinder den Brunnen für die „Industrie- und Gewerbeausstellung für Rheinland und Westfalen“, die 1902 gemeinsam mit der „Deutschnationalen Kunstausstellung“ in Düsseldorf stattfand.
Da der Brunnen als Denkmal Kaiser Wilhelms II. gedacht war und ein Bildnis des Kaisers zeigen sollte, beschloss man in Düsseldorf, die Genehmigung des Kaisers für das Bauwerk einzuholen – genauso, wie es die amtlichen Bestimmungen vorsahen, wenn ein Mitglied des Kaiserhauses Hohenzollern künstlerisch dargestellt werden sollte.Brunnen beschriftet
Fassbinder selbst wandte sich an das Zivilkabinett des Kaisers und schickte eine Skizze des am Brunnen anzubringenden kaiserlichen Portraits mit. Fünf Tage später lag die Genehmigung zum Brunnenbau vor – samt Korrektur des kaiserlichen Schnurrbarts, angefertigt von Wilhelm II. persönlich.
Der Brunnen, der während der Ausstellung auf einem Rondell im Düsseldorfer Hofgarten stand, gefiel den Düsseldorfern so gut, dass sie darüber nachdachten, ihn zu behalten. Die Stadtverwaltung beschloss jedoch eine Umgestaltung des Platzes, die solch einen Brunnen nicht vorsah. Somit stand der Kaiserbrunnen der Industrie- und Gewerbeausstellung zum Verkauf. Der Dortmunder Verschönerungsverein erwarb den Brunnen mit Hilfe der Anwohner der Kaiserstraße für einen vom Verein als „unwirtlich“ beschriebenen Platz an der Kaiserstraße. Dort steht der Brunnen bis heute.
Am 9. Mai 1903 um 18 Uhr wurde der Brunnen feierlich der Stadt Dortmund übergeben. Der Ablauf der Übergabefeier ist bis heute überliefert:
Die Zeremonie begann mit einer Fanfare, dem „Fürstengruß“. Dann folgte die Übergabe des Brunnens an die Stadt durch Landgerichtsrat Baeumer, sodann erklang der Armeemarsch Nr. 7. Nach dem Marsch erfolgte die Annahme des Brunnens durch Oberbürgermeister Schmieding. Es folgte ein „Hoch auf den Kaiser“ und „Heil Dir im Siegerkranz“. Im Anschluss daran war die nähere Besichtigung des Brunnens mit Erläuterungen des anwesenden Bildhauers Fassbinders möglich. Da dabei jedoch der Armeemarsch Nr. 9 gespielt wurde, darf angezweifelt werden, dass die Ausführungen des Bildhauers von allen akkustisch verstanden worden sind. Nach der Übergabe folgte ein gemeinschaftliches Mahl im Rathaussaal
Brunnen2beschriftetDie Gestaltung des Brunnens lohnt einen näheren Blick:
Die Darstellungen des Brunnens wurden aus Bronze gefertigt. Ganz unten, am Sockel des Brunnens, ließen Bildhauer und Gießerei kleine Tafeln mit ihren Namen anbringen. Wandert der Blick höher, fallen zwei Tierköpfe ins Auge. Dargestellt ist ein Löwenkopf und auf der gegenüberliegenden Seite der Kopf eines Delfins. Aus den Mäulern der beiden Tiere fließt Wasser in die unterhalb angebrachte Brunnenschale.
Die Köpfe werden eingerahmt von unterschiedlichen militärischen Symbolen (Schwert, Schild, Marinedolch, Schiffsruder), Lorbeerkränzen und Eichenlaub. Stehen die militärischen Symbole sowohl für die Landstreitkräfte des kaiserlichen Heeres als auch für die vom Kaiser stark geförderte Marine, soll das Eichenlaub das „deutsche Wesen“ und der Lorbeer den Ruhm symbolisieren. Der 3,50m über dieser Gestaltung hoch aufragende Obelisk ist seit der Antike ein Zeichen für Sieg, Herrschaft und Fruchtbarkeit. Deutlich ist auf der stadtauswärts gewandten Seite auch die Plakette mit dem Bildnis Kaiser Wilhelms II. angebracht.
Dass ausgerechnet ihm der Brunnen gewidmet wurde, ist zur damaligen zeit nicht selbstverständlich: So wurden in seiner Regierungszeit die meisten Denkmäler seinem Großvater, Wilhelm I. gewidmet, der 1871 das Deutsche Kaiserreich gegründet hatte. Ein beeindruckendes Denkmal für ihn findet sich beispielsweise auf der Hohensyburg, wo Wilhelm I. flankiert von Bismarck und Moltke auf dem Pferd sitzt.
Obwohl nun der Kaiserbrunnen in der Kaiserstraße steht, hat der Namen der Kaiserstraße wiederum nichts mit Wilhelm II. oder seinem Großvater zu tun. Sie trägt diesen Namen, weil über sie von Osten kommend die Kaiser während des Mittelalters nach Dortmund eingezogen sind.

Verwendete Quellen und Literatur:
Bericht über die 25jährige Tätigkeit des Verschönerungsvereins zu Dortmund 1883-1908, Dortmund 1909, S. 31-33.
Groening, Frank: Ein Erinnerungsort? – Der Kaiserbrunnen, in: Stadt Dortmund (Hrsg.): Geschichte(n) aus dem Stadtbezirk, Nr. 6 (2013), S. 9-10
Groening, Frank; Dudde, Matthias: Kaiserstraße, in: Stadt Dortmund (Hrsg.): Geschichte(n) aus dem Stadtbezirk, Nr. 2 (2012), S. 30.
Bilder: Sammlung Klaus Winter, Dortmund

(Autor: Katharina Hülscher. Redaktion: Christina Steuer, Katharina Hülscher, Heike Kollakowski. Dezember 2014)